Kündigung

«Wie sage ich es meinem Mitarbeiter»

So oder so, eine Trennung von einem Mitarbeitenden ist für die Beteiligten, sei es Arbeitgeber oder Betroffener immer eine unschöne und schwierige Situation. Was aber oft lange haften bleibt auf beiden Seiten ist die Art & Weise wie es gehandhabt wurde.

Bei Kündigungen wählen Unternehmen oft den einfachen Weg der sofortigen Freistellung. Glaubt man Leserzuschriften und anekdotischen Erzählungen, so ist die Kündigungspraxis in der Schweiz desolat: Die Leute würden zum Teil bis zum letzten Tag «wie Zitronen ausgepresst». Dann werde einem nach langjähriger Mitarbeit von heute auf morgen gekündigt, berichtet ein Betroffener, der anonym bleiben möchte. Mitarbeiter würden ohne Vorwarnung auf die Strasse gestellt. Würde und Respekt blieben dabei oftmals auf der Strecke. Grund der Kündigung unklar Ist es mit der Kündigungskultur in den hiesigen Unternehmen tatsächlich dermassen schlecht bestellt? Eine vor ein paar Monaten publizierte Untersuchung des Marktforschungs- und Beratungsunternehmens NeumannZanetti & Partner fällt tatsächlich ernüchternd aus: Laut der online durchgeführten Befragung von 597 Arbeitgebern, Personalverantwortlichen und Arbeitnehmern ist die Vorgehensweise bei Kündigungen oftmals schlecht und unstrukturiert.

Entlassungsgespräche würden häufig zu spät und nur rudimentär vorbereitet. So verzichten 13% aller Vorgesetzten gänzlich auf eine Vorbereitung. In 40% der Firmen steht den Führungskräften vor Entlassungsgesprächen kein strukturierter Support zur Verfügung. Auch die Gründe für Kündigungen blieben oft unklar.

So ist laut den Angaben der Arbeitgeber «eine nicht genügende Leistung» die Hauptursache. Stellt man hingegen auf die Antworten der entlassenen Arbeitnehmer ab, so werden in den Kündigungsgesprächen Restrukturierungen am häufigsten als Ursache genannt. Mehr als die Hälfte der Entlassenen vermuten denn auch, dass ihnen die wahren Gründe nicht genannt wurden. Was besonders erstaunt, ist die hohe Zahl der sofortigen Freistellungen.

45% der Gekündigten werden umgehend freigestellt. Doch weshalb entscheiden sich viele Firmen für diese Art der Trennung? «Um einer schwierigen Situation aus dem Weg zu gehen», lautet die Erklärung von Jörg Neumann, Geschäftsführer von NeumannZanetti & Partner und Herausgeber der Studie. Viele Arbeitgeber scheuten die Konfrontation mit einer entlassenen Person. Man nehme sogar in Kauf, dass dadurch der Wissenstransfer und Kundenbeziehungen litten.

Eine weitere Rolle dürfte auch die Ausbreitung der amerikanischen Führungskultur spielen, bei der die sofortige Trennung zum Normalfall zählt. Hinzu kommen laut Neumann Freistellungen aufgrund von Interessenkonflikten - beispielsweise wenn es in einer Branche gang und gäbe sei, dass der entlassene Mitarbeiter zum Hauptkonkurrenten wechsle. Andre Schläppi, CEO der Outplacement-Firma Grass & Partner, bestätigt diesen Befund. Gerade in der Finanzbranche und auf höheren Führungsstufen sei es üblich, entlassene Mitarbeiter freizustellen.

Oftmals handle es sich um Personen, die Zugriff auf heikle, strategische Daten hätten. Eine Freistellung sei nicht per se gut oder schlecht, erklärt der Outplacement-Experte. So erhalte der Gekündigte dadurch Zeit, um sich schnell umzuorientieren. Manchmal sei der Entlassene auch froh, nach einer Kündigung den Betrieb möglichst rasch zu verlassen.

In kleinen und mittelgrossen Unternehmen sei eine sofortige Freistellung jedoch eher die Ausnahme. Zentral ist allerdings im Urteil von Schläppi, dass jeder Fall individuell angeschaut und dass klar kommuniziert werde. Eine schlecht kommunizierte Freistellung, die keinen Sinn ergebe, sei für den Betroffenen schlimm. Man vermittle ihm das Gefühl, etwas «verbrochen» zu haben.

Viele Personen könnten die Kündigung akzeptieren. Aber die Art und Weise der Trennung sei oft belastend, erklärt Schläppi. Dadurch werde unnötig Geschirr zerschlagen. Dem Argument, dass eine Freistellung oftmals eine gute Lösung sei, kann Neumann somit auch nicht viel abgewinnen: Wenn die Kultur stimme, gebe es kaum einen Grund, warum entlassene Mitarbeiter nicht bis zum letzten Arbeitstag eine gute Leistung erbringen sollten.

Oft fehlt die Wertschätzung Experten bestätigen, dass Arbeitgeber dem Mitarbeiter oftmals raten, von sich aus die Kündigung einzureichen. Dies kann für den Betroffenen unter Umständen ein gangbarer Weg sein, gerade wenn man vermeiden will, sich bei Bewerbungsgesprächen für eine Kündigung rechtfertigen zu müssen. Im heutigen von Restrukturierungen, Übernahmen und Kostensenkungsmassnahmen geprägten Umfeld muss eine Entlassung nicht mehr zwingend ein Nachteil bei der Stellensuche sein. Im Gegenzug nimmt man im Falle einer Selbstkündigung beim Gang zum Arbeitsvermittlungszentram in Kauf, während einer gewissen «Sperrfrist» keine Taggelder zu erhalten.

Vertraut man den Studienergebnissen, liegt das Kernproblem beim Kündigungsgespräch in der fehlenden Wertschätzung gegenüber dem Mitarbeiter so empfinden es jedenfalls rund 50% der Befragten. Zurückzuführen ist dies laut den Autoren unter anderem darauf, dass für viele Führungskräfte die Kontrolle jeglicher Gefühle und Unwägbarkeiten das wichtigste Ziel sei. Einen besonders negativen Einfluss auf die empfundene Wertschätzung scheint dabei die sofortige Freistellung zu haben. Positiv wirkt sich hingegen aus, wenn dem Mitarbeiter ein Mitspracherecht darüber gegeben wird, wie die nächsten Schritte (Kommunikation der Kündigung, Arbeitszeugnis, letzter Arbeitstag, Verabschiedung usw.) vorgenommen werden. Bestandteil der Wertschätzung ist laut Schläppi auch, sich als Vorgesetzter zu vergegenwärtigten, dass «nicht alles schlecht war». Im Normalfall habe der Mitarbeiter eine gewisse Zeitlang gute Arbeit geleistet. «Dies sollte man auf jeden Fall sagen und auch im Arbeitszeugnis festhalten.»